Innovation meets (needs) Leadership: Wenn dein Chef an Dich glaubt! 

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2. Januar 2020

Mein Start als Greenhorn

Nach meinem Studium und einer ersten Zeit als Assistent im Labor der Hochschule bekam ich eine spannende Stelle als Projektingenieur in einem namhaften deutschen Unternehmen der Keramikindustrie. Mein damaliger Chef schätzte meine wissenschaftlichen Ansätze sehr. Er ermöglichte es mir, mit jeder Menge Theorie und Wissen über Messtechnik in dem industriellen Produktionsumfeld neue Dinge ausprobieren zu dürfen. Meine durchweg älteren Kollegen waren allesamt ausgesprochene Praktiker. Da hatten sie mir vieles voraus. Ich durfte meine Stärken in den eher experimentellen Themen ausspielen. Thermodynamische Messungen und strömungstechnische Optimierungen waren mein Steckenpferd und ich durfte solche Arbeiten auch mit Erfolg in ausländischen Werken ausführen. Irgendwie fand ich für knifflige Probleme oft eine Lösung. Manchmal waren es einfach Geistesblitze und Inspirationen. Manchmal kamen sie über Nacht. Aber irgendwann musste aus mir auch mal ein Praktiker werden. Da hatte ich damals noch massive Defizite und deshalb bekam ich nach und nach zusätzliche Aufgaben im versorgungstechnischen Anlagenbau. Ich erinnere mich sehr gut an eines meiner ersten großen Projekte. 

Warum einfach wenn es auch umständlich geht?

Es sollten – ich glaube es waren rund fünfzehn – Luft-Absauganlagen auf mehrere Fabrikdächer im Areal montiert werden. Ein Kran schied aus, da die Auslegerlänge viel zu lang gewesen wäre. Die Absauganlagen waren groß, wogen jeweils gut 500 kg und die Monteure mussten diese auseinanderbauen, in Einzelteilen auf die Dächer schaffen und dort wieder zusammenbauen. Das war nach den ersten Prototypen nicht nur mühsam sondern aus Gründen der Arbeitssicherheit auch nicht ganz ungefährlich. Und das Projekt hätte Wochen gedauert und viel Geld gekostet. Nach den ersten Versuchen schlug ich – jung, hoch motiviert und spontan – vor, doch einmal zu prüfen, ob die Ventilatoren nicht aus der Luft mit einem Hubschrauber montiert werden könnten. Irgendwo hatte ich mal gesehen, dass so etwas möglich ist. Die Lacher – in einem größeren Meeting (!) – höre ich heute noch: „Geht nicht… Was für eine komische Idee ist das denn… Funktioniert nie… Der spinnt doch…“ Das gesamte Sortiment an Killerphrasen. Untere Schublade…  

Echte Leader schaffen Freiräume

Nach dem besagten Meeting nahm mich mein Chef beiseite und sagte: „Kümmern Sie sich mal drum, ob so was geht. Ich finde das spannend und wenn es funktionieren würde, wäre das ja eine Riesenersparnis!“ 

Na, wenn das einen jungen Ingenieur nicht motiviert. Ich hing keine halbe Stunde später am Telefon, wälzte das Buch „Wer liefert was“ – Internet und Google gab es damals noch nicht – und recherchierte tagelang in der Welt rum. Bis ich bei einem großen deutschen Automobilhersteller fündig wurde, der etwas ähnliches schon mal gemacht hatte. Und endlich bekam ich die Adresse einer Firma für Hubschrauber-Montagen. 

Let’s work together, come on, come on…

Ab hier kürze ich die Story ab: Das Projekt wurde umgesetzt. Innerhalb von drei Stunden(!) statt drei Wochen saßen am Tag X alle Ventilatoren an ihrem Platz. Der Parkplatz vor dem Direktionsgebäude wurde an dem Tag als Hubschrauberlandeplatz und Abhollager für die 15 großen Absauganlagen umfunktioniert. Die halbe Fabrik und das ganze Team waren in Aufregung. Und am Ende waren alle begeistert: Was für ein tolles und einmaliges Projekt! Mit Gruppenfoto vorm Hubschrauber. 

Meinem damaligen Chef bin ich immer noch sehr dankbar. Er war ein echter Leader und hatte es regelmäßig geschafft, mir „Flügel zu verleihen“. Und er hatte mich für immer ermutigt, über den Tellerrand zu schauen, die Perspektive zu wechseln und an vermeintlich verrückte Ideen zu glauben. 

Jahre später war ich Ideenmanager in einem Konzern und hatte dieses Erlebnis immer noch abrufbereit. Es half mir, Dinge anders und neu zu gestalten und Führungskräfte auf einen neuen Weg der Offenheit zu leiten. 

Ein Perspektivwechsel tut immer gut

Innovationen entstehen oft aus dem „Ver-Rücken“ unserer Perspektive. Das Innovieren lebt davon. Und da helfen neben Geistesblitzen auch viele Methoden und Tools, die man lernen und trainieren kann. 

TIPP: Hier wäre z. B. die Reizworttechnik eine geeignete Methode gewesen, um auf diese Idee zu kommen. Reizwörter sollen bewusst zu „spinnerten Ideen“ animieren, also Perspektive ver-rücken.  

Einfach mal rumspinnen dürfen

Wie das geht? Nun, die offensichtliche Kernfrage lautete hier ja eigentlich: Wie schaffen wir es, die Ventilatoren schneller/einfacher/sicherer zu montieren? Gute Reizwörter, um auf die Idee mit dem Hubschrauber zu kommen, wären hier auch gewesen: Wie schaffen wir es, die Ventilatoren luftiger/höher/lauter/turbulenter/verrückter/alpiner… … zu montieren? 

Bei mir war es damals ein Geistesblitz. In meinen Agilen Innovations-Workshops setze ich solche Kreativtechniken ein. Für Reizwörter habe ich immer ein Kartenset mit hunderten von Impulswörtern parat. Irgendeine oder mehrere Karten passen immer. Gut möglich, dass bei diesen Reiz-Wörtern damals auch jemand anderes die Hubschrauber-Idee bekommen hätte. Mindestens mein Chef wäre dafür ein guter Kandidat gewesen. 

Und die Kopfstandtechnik liebe ich ebenso. 

 

Gehen Sie den ersten Schritt

Ein Trail ist ein unbefestigter und nicht gekennzeichneter Fußweg. Er bietet Freiraum zum kreativen Erkunden und viele Möglichkeiten, ihn einzigartig und authentisch zu gehen. Genau wie Innovation und Leadership.